
Elon Musks KI-Firma xAI hat die Social-Media-Plattform X (früher Twitter) in einem überraschenden Deal übernommen.
Dieser Schritt vereint eine der einflussreichsten Online-Plattformen mit einem aufstrebenden KI-Unternehmen unter der Kontrolle einer Person – Elon Musk. Was auf den ersten Blick wie eine interne Firmenumbuchung wirkt (Musk besitzt beide Firmen), entpuppt sich als Vorgang mit erheblicher politischer, juristischer und gesellschaftlicher Tragweite. In diesem Beitrag werfen wir einen sachlich-kritischen, antifaschistischen Blick auf die Konsequenzen: von der gefährlichen Machtkonzentration in Musks Händen über den Umgang mit Nutzerdaten als KI-Rohstoff, Musks politische Allianzen etwa mit Donald Trump, die Risiken fehlender Regulierung bis hin zum internationalen KI-Wettlauf gegen OpenAI & Co. Der Ton bleibt klar, juristisch fundiert und doch pointiert – minimal reißerisch, aber mit gezieltem Humor.
Elon Musk als Tech-Oligarch: Gefahr der Machtkonzentration
Elon Musk ist längst mehr als nur ein exzentrischer Unternehmer – er agiert als Tech-Oligarch, der Schlüsselindustrien und Kommunikationskanäle in Personalunion beherrscht. Bereits vor der xAI-Übernahme von X kontrollierte Musk Firmenimperien in der Raumfahrt (SpaceX), der Automobilindustrie (Tesla) und der Neurotechnologie (Neuralink). Mit der Eingliederung von X (Twitter) in seine KI-Firma xAI erreicht diese Machtballung eine neue Stufe
techcrunch.com. Er besitzt nun ein privates soziales Netzwerk mit rund 600 Millionen Nutzern und gleichzeitig das Unternehmen, das daraus Künstliche Intelligenz (KI) schöpfen will – eine Kombination, die beispielslos ist.
Musk selbst witzelte einst, er habe „irgendwie 17 Jobs“
theverge.com – eine Übertreibung, die jedoch den Kern trifft: Ein einzelner Milliardär vereint beispiellose Rollen und Einflussbereiche in sich. Diese Konzentration weckt demokratische Alarmglocken. In klassischen Medien würde man von ungesundem Einfluss oligarchischer Eigentümer sprechen – im digitalen Zeitalter manifestiert es sich darin, dass Musk quasi das „digitale Rathausplatz“ (self-styled digital town square) kontrolliert
theverge.com. Entscheidungen über Online-Kommunikation, die Informationsfreiheit und nun auch die Ausrichtung fortgeschrittener KI-Systeme liegen damit in der Hand eines Einzelnen. Interessenkonflikte sind vorprogrammiert: Wird Musk die öffentliche Kommunikation objektiv verwalten oder seine wirtschaftlichen und politischen Interessen bedienen? Bereits in der Vergangenheit verschwammen bei ihm oft die Grenzen zwischen seinen Unternehmen – etwa als Tesla 2016 SolarCity kaufte, was Musk rechtliche Probleme einbrachte
techcrunch.com. Jetzt, da X und xAI faktisch verschmelzen, droht ein ähnliches Muster: Öffentliche Plattform und privatwirtschaftliche KI-Forschung werden untrennbar, ohne externe Kontrollen oder Transparenzpflichten (X ist intransparent, weil nicht börsennotiert).
Für eine demokratische Gesellschaft bedeutet diese Machtkonzentration ein Risiko. Die Meinungsbildung im Netz – ob politische Debatten auf X oder die Ergebnisse von KI-Systemen – könnte zunehmend von Musks persönlicher Agenda eingefärbt sein. Wer so viel Macht kumuliert, braucht effektive Schranken. Doch ob Aufsichtsbehörden oder Gesetze mit dieser neuen Form des Tech-Oligarchen Schritt halten, ist fraglich. Elon Musk ist bekannt dafür, Grenzen auszutesten und Fakten zu schaffen, bevor Regulierer reagieren können. Die Übernahme von X durch xAI ist ein weiterer Weckruf, über Monopolmacht in der digitalen Sphäre nachzudenken – denn wenn ein Einzelner zugleich Infrastruktur und Inhalte und deren algorithmische Auswertung kontrolliert, steht die mediale Gewaltenteilung auf dem Spiel.
Nutzerdaten als KI-Rohstoff: Datenschutz vs. Musks KI-Hunger
Die Fusion von X mit xAI offenbart ein klares Motiv: Musk will Zugriff auf die schier unendliche Menge an Nutzerdaten, die über Jahre auf Twitter (X) angehäuft wurden, um damit seine KI-Modelle zu füttern
techcrunch.com. Jede Statusmeldung, jeder Kommentar, jedes Foto – alles soll als Trainingsmaterial für Musks KI dienen. Aus Sicht von xAI ist das ein Goldschatz: Musk rühmt sich, der „gewaltige Datenschatz“ von X gebe ihm einen entscheidenden Vorsprung im KI-Rennen
theverge.com. Doch aus Sicht des Datenschutzes und der demokratischen Kontrolle ist diese Datennutzung hoch problematisch.
Wem gehören die Tweets? Juristisch gesehen räumen die meisten Plattform-AGB den Betreibern weitreichende Rechte an Nutzer-Inhalten ein. Musk macht davon nun maximalen Gebrauch. Allerdings stößt seine Datensammelwut an rechtliche Grenzen in Europa. Im Sommer 2024 wurde bekannt, dass X begonnen hatte, sämtliche Posts seiner Nutzerinnen für KI-Zwecke* auszulesen – heimlich und ohne vorher zu fragen. Eine Einstellung hierzu war standardmäßig auf „zustimmen“ gesetzt, ohne die Community zu informieren
politico.eu. Datenschützer schlugen Alarm: Die österreichische NGO NOYB um Max Schrems reichte im August 2024 Beschwerden in neun EU-Ländern ein, weil X personenbezogene Daten ohne gültige Einwilligung für KI trainiere
reuters.com. Die irische Datenschutzbehörde (zuständig für X in Europa) reagierte und erwirkte vorläufig, dass X solche Datenverarbeitung stoppen müsse
reuters.com. Ein irisches Gericht stellte fest, dass X seinen EU-Nutzern erst Wochen nach Start der Datensammlung die Möglichkeit gab, zu widersprechen – also viel zu spät
reuters.com. Mit anderen Worten: Musk hat Fakten geschaffen und erst im Nachhinein versucht, gesetzlichen Pflichten zu genügen.
Demokratisch legitimiert war dieser Schritt selbstverständlich nicht – eine einzelne Firmenentscheidung hebelte vorübergehend den EU-Datenschutz aus. Zwar hat X auf Druck der Behörden eingelenkt und EU-Nutzer inzwischen eine Opt-out-Option erhalten
reuters.com, doch das grundsätzliche Problem bleibt: Musk sieht die Unmenge an User-Posts als sein Eigentum, mit dem er tun und lassen kann, was er will. Die Vorstellung, dass private Kommunikationsäußerungen millionenfach in eine KI einfließen, wirft Fragen nach Privatsphäre und persönlicher Autonomie auf. Was, wenn ein sensibler Tweet Jahre später als Trainingsdatensatz für einen Chatbot dient, der Hassbotschaften generiert? Was, wenn persönliche Meinungen aus X-Profilen von Musks Algorithmen analysiert werden, um Nutzer zu beeinflussen oder zu klassifizieren – ohne deren Wissen?
Hier zeigt sich der Bedarf nach demokratischer Kontrolle: Soll ein Privatunternehmen wie xAI einfach so die öffentliche Diskursgeschichte absaugen dürfen? Datenschützer fordern, dass zumindest eine informierte Einwilligung oder Anonymisierung erfolgen muss
reuters.com. Doch in den USA, wo Musk operiert, gibt es bislang keine vergleichbar strengen Datenschutzgesetze wie die DSGVO. Musk nutzt also das Schlupfloch, dass amerikanische Nutzer praktisch keinen rechtlichen Schutz vor dieser Form der Datenverarbeitung haben. Im Klartext: Wer heute auf X etwas postet, muss damit rechnen, dass es morgen Teil von Musks KI ist – ob einem das gefällt oder nicht.
Politische Allianzen mit Trump: Einfluss auf die öffentliche Kommunikation
Schon seit der Übernahme Twitters durch Musk 2022 zeichnet sich ein politischer Rechtsruck der Plattform ab. Musk inszeniert sich als Verfechter der freien Rede, hat aber faktisch vor allem rechten und rechtsextremen Stimmen die Tore geöffnet. So wurde der zuvor gesperrte Account von Donald Trump auf Musk’s Geheiß reaktiviert
thefire.org, ebenso wie etliche andere zuvor sanktionierte Profile aus dem Umfeld von Verschwörungstheoretikern, Neonazis und „Alt-Right“-Trollen. Zeitgleich stellte X die Durchsetzung seiner Richtlinien gegen Hassrede und COVID-Desinformation weitgehend ein
thefire.org. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten: Hass-Postings nahmen sprunghaft zu. Studien der University of California Berkeley zeigten einen Anstieg um 50% bei Hetz- und Schimpfwörtern auf X in den Monaten nach Musks Machtübernahme
euronews.com. Inhalte mit homophoben, transfeindlichen und rassistischen Beleidigungen erzielten sogar 70% mehr Likes als zuvor, was auf eine stark gestiegene Sichtbarkeit solcher Posts hindeutet
euronews.com. Musk mag dies als lebhafte Redefreiheit interpretieren – tatsächlich fühlen sich aber Minderheiten und marginalisierte Gruppen vermehrt bedroht und verdrängt
euronews.com. Die öffentliche Kommunikation auf X hat sich in Richtung eines toxischeren, weniger moderierten Umfelds verschoben.
Politisch brisant ist Musks Nähe zu Donald Trump. Spätestens seit Trumps erneuter Präsidentschaftskandidatur und Wahl 2024 positionierte Musk sich offen an dessen Seite. Er unterstützte Trump im Wahlkampf aggressiv und übernahm sogar eine beratende Rolle in dessen Umfeld
techcrunch.com. Nach Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus 2025 soll Musk nun als inoffizieller Technik-Berater fungieren – ausgerechnet für eine Arbeitsgruppe mit dem Kürzel “DOGE” (eine augenzwinkernde Anspielung auf Musks Lieblings-Memecoin Dogecoin?), wie TechCrunch berichtete
techcrunch.com. Was humoristisch klingt, ist dennoch Realität: Ein Social-Media- und Tech-Mogul berät einen rechts-populistischen Präsidenten. Diese Verflechtung von privatwirtschaftlicher Plattformmacht und staatlicher Politik wirft die Frage auf, wie unabhängig X als Informationsmedium noch sein kann.
Man betrachte die Gemengelage: Trump nutzt X als direktes Sprachrohr zu Millionen von Bürgern – ungehindert von traditionellen Medien filtern seine Botschaften nun weitgehend ungeprüft in die Öffentlichkeit. Musk wiederum hat ein offensichtliches Interesse, Trumps Agenda zu begünstigen, sei es aus ideologischer Sympathie oder strategischen Erwägungen (ein Trump-freundliches Klima dürfte Musks Geschäften in den USA zugutekommen). Kritiker sprechen von einem Schulterschluss zwischen Big Tech und autoritärem Rechtspopulismus, der gefährliche Ausmaße annimmt
klaus-janowitz.de. In Deutschland etwa kokettierte Musk via X mit der rechtsextremen AfD, indem er deren Positionen zur Migrationspolitik bereitwillig eine Plattform bot
klaus-janowitz.de. Diese parteiische Moderation – oder vielmehr Nicht-Moderation – bedeutet, dass auf X rechtspopulistische Narrative nun Hochkonjunktur haben.
Die Auswirkungen auf die öffentliche Kommunikation sind tiefgreifend. Diskurse werden verzerrt, weil bestimmte extreme Stimmen überproportional verstärkt werden, während kritische Gegenrede (z.B. durch ehemals aktive Fact-Checker oder NGOs) an Reichweite verliert – zum Teil, weil Musk unabhängige Faktenprüfer entfernt hat
zeit.de. Wenn die größte ehemals internationale Debattenplattform zum persönlichen Megafon eines Tech-Oligarchen und seines politisch mächtigen Freundes wird, gerät die Meinungsvielfalt in Gefahr. Für Antifaschist*innen ist besonders alarmierend, dass Musk durch seine laissez-faire Haltung auch faschistische, antisemitische und rassistische Inhalte normalisiert. Die Grenze zwischen erlaubter Meinungsäußerung und der Verbreitung von Hass verschiebt sich zulasten vulnerabler Gruppen. Das Zusammenspiel von Musk und Trump illustriert plastisch, wie digitale Öffentlichkeit manipuliert werden kann, wenn mächtige Akteure sich gegenseitig die Bälle zuspielen. Hier verschwimmt die Trennung zwischen Plattformbetreiber und politischem Akteur – eine gefährliche Symbiose, die demokratische Prozesse und eine informierte Öffentlichkeit unterminieren kann.
Fehlende Regulierung: Risiken für Gesellschaft und Demokratie
All das spielt sich vor dem Hintergrund eines weitgehenden Regulierungsvakuums ab. Weder im Bereich Social Media noch bei KI-Plattformen gibt es bislang ausreichende Gesetze, um derart gebündelter Macht wirksam Grenzen zu setzen. Musk nutzt dies kalkuliert aus. Die Risiken einer fehlenden Regulierung von X und xAI lassen sich in mehreren Punkten zusammenfassen:
- Entgrenzte Desinformation: Ohne strikte Plattformregeln oder externe Kontrolle können Fake News und gezielte Propaganda ungehindert kursieren. KI-Systeme wie xAI’s Chatbot Grok – von Musk selbst als „frech“ und weniger zensiert angekündigt – könnten Fehlinformationen noch effizienter generieren und verbreiten. Ohne Regulierung droht eine Flut an täuschend echten KI-Inhalten (Texten, Bildern, Videos), die demokratische Entscheidungsprozesse verzerren kann.
- Hass und Radikalisierung: Wie die Daten zeigen, ist auf X die Menge an Hassrede stark gestiegeneuronews.com. Fehlt staatliche Regulierung, besteht wenig Anreiz für Musk, hier gegenzusteuern – im Gegenteil generiert Polarisierung oft Traffic. Unregulierte KI könnte personalisierten Hass sogar verstärken, indem Algorithmen spalterische Inhalte bevorzugt ausspielen, um Engagement zu treiben. So können soziale Medien zu Radikalisierungsmaschinen werden, was wiederum realweltliche Gewalt schürt.
- Verletzung von Grundrechten: Der Schutz der Privatsphäre und persönlicher Daten gerät unter die Räder, wenn Konzerne wie X/xAI nach Belieben Daten abschöpfen. Ohne gesetzliche Schranken (wie klare Regeln zur Datenverwendung für KI) werden Nutzerrechte faktisch ausgehöhlt. Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung – zu entscheiden, wofür die eigenen Daten genutzt werden – bleibt auf der Strecke, solange Musk & Co. schalten und walten können.
- Monopolbildung und Marktmissbrauch: Die Vereinigung von X und xAI könnte ein digitales Monopol in spe schaffen, in dem ein Konzern sowohl die Datenquelle als auch die KI-Auswertung kontrolliert. Klassische Kartellgesetze sind auf solche firmenübergreifenden Datenmonopole kaum vorbereitet. Fehlende Regulierung ermöglicht es Musk, Konkurrenten auszubooten (z.B. indem X-Daten nicht mehr an externe KI-Forscher gegeben werden) und seine Marktmacht zu zementieren – zum Nachteil von Innovation und Wettbewerb.
- Demokratiedefizit: Insgesamt offenbart die Musk’sche Doppelrolle ein eklatantes Demokratiedefizit: Eine privatwirtschaftliche Entscheidung (Firmenübernahme) hat massive öffentliche Auswirkungen, ohne dass demokratische Institutionen mitreden konnten. Ohne neue Regulierung – etwa Verpflichtungen zu Transparenz bei KI-Modellen oder aufsichtsrechtliche Prüfungen bei Übernahmen im Tech-Sektor – entsteht eine Grauzone, in der Tech-Mogule quasi privates Politikrecht ausüben. Das Vertrauen in Rechtsstaat und Demokratie leidet, wenn Bürger den Eindruck gewinnen, dass Konzerne unkontrolliert über ihre Köpfe hinweg agieren können.
Ein anschauliches Beispiel für den aktuellen Konflikt ist das Verhältnis zwischen den USA und der EU in Sachen Tech-Regulierung. Während die EU mit Gesetzen wie dem Digital Services Act (DSA) und dem geplanten AI Act versucht, Plattformen und KI Einhalt zu gebieten, schlägt Musk sich offen auf die Gegenseite. Zusammen mit anderen Silicon-Valley-Größen wie Mark Zuckerberg lobbyiert er gegen europäische Regeln und nutzt seinen politischen Einfluss in Washington. Die neue US-Regierung unter Trump zeigt sich dabei äußerst unternehmensfreundlich: Trumps Vizepräsident J.D. Vance drohte indirekt sogar mit einem Austritt der USA aus der NATO, sollte Europa Firmen wie Musks X weiter „gängeln“
zeit.de. Man stelle sich das vor: Nationale Sicherheitsallianzen werden als Druckmittel eingesetzt, um Datenschutz- und Moderationsgesetze auszuhebeln. Hier offenbart sich das Ausmaß der Verfilzung von Tech-Macht und Politik – und wie gefährlich es ist, wenn Regulierungen fehlen. Musk und andere Tech-Oligarchen möchten freie Hand für ihre Geschäftsmodelle, selbst wenn diese kollektive Güter wie eine faktenbasierte Öffentlichkeit beeinträchtigen. Ohne klare Regeln droht am Ende ein „Wilder Westen“, in dem das Recht des Stärkeren gilt – oder genauer: das Recht des Reichsten und Lautstärksten.
Die Regulierungsrisiken sind also keine abstrakten Szenarien, sondern bereits spürbare Realität. Es bedarf dringend wirksamer Leitplanken: Sei es durch strengere Durchsetzung der Datenschutzgesetze, die Entwicklung eines haftungsrechtlichen Rahmens für KI-Outputs (damit Plattformen Verantwortung für algorithmische Schäden tragen) oder gar kartellrechtliche Eingriffe, um eine zu große Machtballung zu verhindern. Fehlen solche Korrektive, könnten X und xAI zu einem Paradebeispiel werden, wie ein unkontrollierter Tech-Konzern gesellschaftliche Werte und Rechtsgüter unterläuft.
KI-Wettlauf: xAI, OpenAI und die globale Konkurrenz
Musks Vorstoß hat auch eine international strategische Komponente. Die Übernahme von X durch xAI ist Teil eines Wettrüstens der KI-Giganten. Elon Musk hatte 2015 selbst OpenAI mitgegründet, verließ das Unternehmen aber im Streit und beobachtete anschließend, wie OpenAI (mit ChatGPT) und Google (mit DeepMind) die KI-Führung übernahmen. 2023 startete Musk daher xAI – ausdrücklich, um OpenAI Konkurrenz zu machen
techcrunch.com. Seitdem jagt er dem Vorsprung der Rivalen hinterher, mit enormem finanziellem und personellem Aufwand
techcrunch.com. xAI hat Top-Forscher von Google, Microsoft und OpenAI abgeworben und gigantische Rechenzentren aufgebaut
techcrunch.com. Bereits Anfang 2025 präsentierte xAI sein Modell Grok 3, das laut Benchmarks mit den besten KI-Systemen der Welt mithalten kann
Die Integration von X verschafft xAI nun einen Trumpf im KI-Wettlauf: Unmittelbaren Zugriff auf Milliarden von Datenpunkten aus dem echten Leben und eine Plattform, um KI-Produkte direkt an über 600 Millionen Nutzer auszuspielen
techcrunch.com. Diese Synergie aus Daten und Distribution kann zur Geheimwaffe im Konkurrenzkampf werden. OpenAI mag mit GPT-4 technisch vorgelegt haben, doch Musk kann mit X im Rücken jederzeit seine KI am lebenden Objekt trainieren – beispielsweise indem er neue KI-Features direkt auf X testet oder personalisiert. Das dürfte den Druck auf die Konkurrenz erhöhen, ähnliche Datenquellen zu erschließen. (Kein Zufall, dass z.B. Meta/Facebook ebenfalls Unmengen an Social-Media-Daten für KI nutzt und Google auf seine Suchdaten zurückgreift.)
Allerdings bewegt sich Musk mit seinen Methoden auf dünnem Eis: Seine ehemaligen Mitstreiter von OpenAI sieht er nun als Gegner und scheut nicht vor aggressiven Manövern zurück. Berichten zufolge versuchte Musk sogar, OpenAI mit einem Angebot von 97 Milliarden Dollar aufzukaufen – was prompt abgelehnt wurde
techcrunch.com. Parallel klagt er juristisch gegen OpenAI, um dessen Kommerzialisierung zu erschweren
techcrunch.com. Dieses Verhalten – zunächst ein Kooperationsverhältnis (Musk als Mitgründer von OpenAI), nun eine Fehde – zeigt, wie sehr die Egos und Interessen der Tech-Milliardäre den Kurs der KI-Branche bestimmen. International blickt man mit Sorge auf diesen Konkurrenzkampf: Nicht nur US-Firmen wetteifern, auch China investiert massiv in KI, und Firmen wie Baidu oder Alibaba entwickeln eigene Modelle. Musk rechtfertigt seine xAI-Gründung teils damit, ein Gegengewicht zu Google DeepMind oder OpenAI schaffen zu wollen, damit nicht eine einzelne Organisation die KI-Vorherrschaft erlangt. Doch ironischerweise steigert seine aktuelle Machtkonzentration genau das Risiko einer einseitigen Dominanz – nur dass es eben Musk selbst wäre, der die Nase vorn hat.
Für die Gesellschaft bietet der KI-Wettlauf zwiespältige Aussichten. Einerseits treiben Konkurrenz und Innovation den technischen Fortschritt voran – xAI könnte dank X-Daten tatsächlich schneller zu leistungsfähiger KI gelangen, was potenziell nützliche Anwendungen ermöglichen mag. Andererseits besteht die Gefahr, dass im Wettrennen um die KI-Krone ethische Bedenken und Sicherheitsstandards unter den Tisch fallen. Wenn Musk der Erste sein will, könnte er geneigt sein, Risiken einzugehen, etwa weniger auf Bias-Kontrolle oder Sicherheitsprüfungen zu achten. Schon jetzt sind Systeme wie Grok tendenziell „frecher“ konzipiert als etwa ChatGPT, was impliziert, dass sie weniger strikt gefiltert sind – ein mögliches Verkaufsargument für Musk, aber ein Alptraum aus Sicht des Jugendschutzes oder der Prävention von Gewaltaufrufen. International könnte Musks Vorgehen zudem Regulierungswettläufe nach unten auslösen: Andere Länder oder Firmen könnten Standards absenken, um mitzuhalten. Dieser Aspekt des Themas – die Frage, wie wir global KI entwickeln, ohne in Wildwest-Manier nur auf Tempo zu setzen – zeigt einmal mehr, wie Musks Schritt über reine Firmenpolitik hinausgeht. Es ist ein Puzzleteil im großen Bild eines globalen KI-Armsrennens, in dem die Gesellschaft dringend Regeln und Werte einbringen muss, bevor rein profitorientierte Dynamiken die Richtung vorgeben.
Fazit
Elon Musk hat mit der Verschmelzung von X und xAI einen weiteren Meilenstein seiner Vision gesetzt – doch es ist ein Janusgesicht von Fortschritt und Rückschritt. Aus unternehmerischer Sicht mag der Deal genial erscheinen: Er vereint Social-Media-Reichweite mit KI-Know-how und könnte Musk im Konkurrenzkampf nach vorne katapultieren. Aus gesellschaftlicher Sicht jedoch offenbart sich ein dystopisches Szenario: Ein Tech-Oligarch als Herrscher über digitale Kommunikation und künstliche Intelligenz zugleich, weitgehend entzogen staatlicher Kontrolle und offenbar willens, auch rechtes Gedankengut in Kauf zu nehmen oder gar zu fördern, solange es seinen Zielen dient.
Die politische, juristische und gesellschaftliche Tragweite dieser Entwicklung ist immens. Es geht um Machtbalance in der Demokratie, um den Schutz unserer Daten und Grundrechte, um die Integrität der öffentlichen Debatte und um die Weichenstellung, wie KI unsere Zukunft prägen wird. Musk zeigt exemplarisch, was passiert, wenn Regulierung zu langsam und zaghaft ist: Ein Einzelner kann Fakten schaffen, die später nur mühsam oder gar nicht korrigiert werden können. Die Antwort kann nur in einer Stärkung der demokratischen Institutionen liegen. Es braucht wache Datenschützer, mutige Gerichte und weitsichtige Gesetzgeber – auf internationaler Ebene – um sicherzustellen, dass aus dem digitalen Fortschritt kein gesellschaftlicher Rückschritt wird.
Am Ende steht eine klare Botschaft im Sinne eines antifaschistischen Fazits: Technologie darf nicht zum Spielball autoritärer Ambitionen werden. Weder darf ein Social-Media-Konzern zum Propagandakanal extrem rechter Politik verkommen, noch darf eine KI-Plattform ohne ethische Leitplanken agieren. Elon Musks neuester Coup sollte uns wachrütteln: Demokratie, Rechtsstaat und Zivilgesellschaft sind gefordert, jetzt gegen zu steuern – mit Regulierung, kritischer Öffentlichkeit und alternativen, gemeinwohlorientierten Technologieprojekten. Die Übernahme von X durch xAI ist ein Fanal, das uns vor Augen führt, wie eng verknüpft digitale Macht und gesellschaftliche Verantwortung sind. Bleibt zu hoffen, dass dieser Weckruf gehört wird, bevor es zu spät ist.
Quellen: Musk, Elon – Ankündigung der Übernahme von X durch xAI
theverge.com; The Verge – Bericht zur Firmenfusion und Musks Aussage über „immenses Potential“
theverge.com; TechCrunch – Analyse zu Musks Verflechtung mit Trump und den Auswirkungen auf X
techcrunch.com; Reuters – Bericht über Datenschutzbeschwerden gegen X wegen KI-Training
reuters.com; Politico – Kritik an heimlicher Datennutzung von X für KI (Grok)
politico.eu; Euronews – Studie: 50 % Anstieg von Hassrede auf X unter Musk
euronews.com; ZEIT Online – Widerstand von Musk/Zuckerberg gegen EU-Regulierung, Drohung des US-Vize gegen EU
zeit.de; TechCrunch – xAI als Konkurrent zu OpenAI, Musk investiert massiv und versucht OpenAI-Übernahme
techcrunch.com; Klaus Janowitz Blog – Beobachtung: Musk sucht Schulterschluss mit AfD und autoritären Rechten
