Kriminalstatistik: Sind Ausländer wirklich krimineller?

Der Anteil ausländischer Tatverdächtiger an polizeilich erfassten Straftaten in Deutschland lag 2024 laut Statistik bei 41,8 Prozent – und damit auf dem bisher höchsten Stand. Auf den ersten Blick scheint das eine klare Botschaft zu sein: „Ausländer sind krimineller“. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass diese Deutung nicht nur verkürzt, sondern auch irreführend ist.


Warum die Polizeiliche Kriminalstatistik nicht alles sagt

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) bildet lediglich das sogenannte Hellfeld ab – also jene Delikte, die überhaupt bei der Polizei angezeigt werden. Ein Großteil von Straftaten taucht darin gar nicht auf, weil sie aus Scham, Angst oder fehlendem Vertrauen in die Behörden nie zur Anzeige kommen. Experten gehen davon aus, dass nur 10 bis 50 Prozent aller Straftaten in der PKS landen.

Zudem sagt die PKS nichts über die tatsächliche Verurteilung aus. Was in der Statistik als Mordversuch auftaucht, kann später juristisch zu einer gefährlichen Körperverletzung „heruntergestuft“ werden. Umgekehrt wird aus manchem Anfangsverdacht nichts – und die vermeintliche Tat erweist sich als unbegründet.


Was bedeutet „nicht deutsch“ in der PKS?

Die polizeiliche Kriminalstatistik unterscheidet grob zwischen „deutschen“ und „nichtdeutschen“ Tatverdächtigen. Dabei werden völlig verschiedene Gruppen in einen Topf geworfen:

  • Asylbewerber und Geflüchtete
  • Touristen und Berufspendler
  • Menschen, die zwar in Deutschland leben, aber (noch) keinen deutschen Pass haben

Ein und dieselbe Kategorie fasst also hoch unterschiedliche Lebenslagen zusammen. Dass in dieser Gruppe überproportional viele Verdächtige auftauchen, bedeutet nicht automatisch, dass Ausländer insgesamt krimineller sind. Vielmehr kann es auf die ungleichen Rahmenbedingungen hinweisen – etwa höhere Polizeikontrollen oder mehr Anzeigen gegen Personen, die als „fremd“ wahrgenommen werden.


Polizeiverhalten und „Überentdeckung“

Wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen häufiger kontrolliert werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass bei ihnen Verstöße entdeckt und erfasst werden. Dieser Effekt nennt sich auch „Überentdeckung“. So kann eine statistische Überrepräsentation von Menschen ohne deutschen Pass entstehen, ohne dass sie tatsächlich mehr Straftaten begehen.

Ebenso steigt die Anzeigebereitschaft der Bevölkerung oft bei Delikten, an denen Personen beteiligt sind, die als „migrantisch“ wahrgenommen werden. Das führt zu mehr gemeldeten Fällen – und damit zu höheren Zahlen in der PKS.


Warum Herkunft allein nichts über Kriminalität aussagt

Studien belegen immer wieder: Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Staatsangehörigkeit und Kriminalität. Entscheidender sind soziale Faktoren wie Einkommen, Bildungsgrad oder die Wohnsituation. Menschen, die in prekären Verhältnissen leben, haben ein höheres Risiko, straffällig zu werden – egal ob sie einen deutschen Pass besitzen oder nicht.

Auch das Alter spielt eine wesentliche Rolle: Junge Männer sind unabhängig von ihrer Herkunft in nahezu allen Ländern der Welt häufiger an Gewaltverbrechen beteiligt als ältere Menschen oder Frauen.


Integration als Schlüssel

Um Kriminalität unter Migranten zu senken, braucht es vor allem eines: bessere Integration. Entscheidend ist dabei, Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Wer arbeiten kann, verdient Geld, zahlt Steuern und Sozialabgaben und hat eine geregelte Tagesstruktur. Das schafft soziale Stabilität und reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass jemand kriminell wird.

Ein rein repressiver Kurs oder die populistische Forderung nach Abschottung, wie sie beispielsweise von der AfD oft laut wird, greift zu kurz. Stattdessen muss die Politik gezielt legale Beschäftigungsmöglichkeiten fördern, damit Zugewanderte rasch am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl – und schützt vor kriminellen Versuchungen.


Fazit: Vorsicht vor einfachen Parolen

Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt einen wachsenden Anteil ausländischer Tatverdächtiger. Doch das allein sagt nichts darüber aus, ob Menschen ohne deutschen Pass „krimineller“ sind. Vielmehr verweist die Statistik auf strukturelle Probleme: unklare Datenkategorien, fehlende Verlaufsstatistiken und die hohe Dunkelziffer nicht angezeigter Delikte.

Zudem sollten wir uns nicht von populistischen Sprüchen täuschen lassen, die fremdenfeindliche Ressentiments schüren und dabei die sozialen Ursachen von Kriminalität vernachlässigen. Ein differenzierter Blick auf die Zahlen und ein klares Bekenntnis zur Integration sind die wirksamsten Mittel, um Kriminalität langfristig zu senken – bei Deutschen wie bei Nichtdeutschen gleichermaßen.


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