Es gehört zu den bitteren Realitäten unserer Zeit, dass Täter mit nachweislich rassistischen Gewaltexzessen nicht etwa aus politischen Entscheidungszentren ferngehalten werden – sondern dort ein- und ausgehen. Der jüngste Fall des AfD-Mitarbeiters Philipp R. zeigt exemplarisch, mit welcher Nonchalance die rechtsextreme Partei systematisch Personen mit Vorstrafen und extremistischer Biografie in den Bundestag einschleust.
Ein „Koordinator Sicherheit“ mit krimineller Vergangenheit
Nach bestätigten Informationen der Staatsanwaltschaft Ravensburg wurde Philipp R., heute als „Koordinator Sicherheit“ bei der AfD-Fraktion im Bundestag tätig, wegen mehrfacher Delikte verurteilt. Dem Urteil zufolge bedrohte er 2022 Bewohner einer Asylunterkunft mit einer Schreckschusswaffe, beleidigte sie auf offener Straße rassistisch – und feuerte sogar Schüsse ab. Anschließend begab er sich alkoholisiert hinter das Steuer seines Autos. Bei seiner Kontrolle durch die Polizei fand man neben einem Schlagstock auch ein Tierabwehrspray und einen Schlagring in griffbereiter Lage.
Die Konsequenz? Eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen, der Entzug seines Waffenscheins – und dennoch ein sicherer Arbeitsplatz im Bundestag, mitten im demokratischen Herz der Bundesrepublik.
Wie konnte das passieren?
Die Frage drängt sich auf, wie eine derartige Personalentscheidung in einem Rechtsstaat möglich ist. Im Zentrum steht die AfD: Sie schützt nicht etwa das Parlament vor Feinden der Demokratie, sondern stattet diese mit Hausausweisen und politischem Einfluss aus. Dass der Betroffene zudem Funktionär im Bodenseekreis – der Hochburg von Alice Weidel – ist, verleiht dem Vorgang eine politische Brisanz, die kaum zu übersehen ist.
Es bleibt festzuhalten: Hier geht es nicht um Einzelfälle, sondern um Strukturen. Der Bundestag wird zunehmend zum Arbeitsplatz einschlägig vorbestrafter Aktivisten, die als „Mitarbeiter“ den parlamentarischen Betrieb beeinflussen und Zugang zu sensiblen Informationen haben.
Politisches Vorfeld als Einfallstor
Der Fall R. ist kein Ausrutscher. Namen wie Mario Müller, ehemaliger Kopf der „Identitären Bewegung“ und Teilnehmer am konspirativen Potsdamer Treffen, zeigen: Die AfD unterhält ein aktives Netzwerk, das gezielt rechtsextreme Akteure ins Parlament bringt. Es ist ein strategischer Zugriff. Das „Vorfeld“ wird mit System in die Institution getragen – und dies mit dem offenkundigen Ziel, autoritäre Fantasien, „Remigrations“-Pläne und ausländerfeindliche Agenden in politische Prozesse einzuspeisen.
Dabei wird deutlich: Wer von „Einzelfällen“ spricht, verniedlicht eine politisch orchestrierte Unterwanderung.
Die Leerstelle der Transparenz
Besonders peinlich – und demokratiepolitisch gefährlich – ist das Versagen im Bereich der parlamentarischen Transparenz. Die Verwaltung des Bundestags verweist routiniert auf Datenschutz und reagiert ausweichend, wenn es um die Prüfung von Mitarbeiterprofilen geht. Dieser blinde Fleck öffnet Tür und Tor.
Es ist rechtsstaatlich zwingend, zwischen Schutz der Persönlichkeitsrechte und Schutz des demokratischen Raums zu unterscheiden. Wer den Bundestag mit Hausausweis betritt, betritt nicht irgendein Büro. Er betritt das Fundament der repräsentativen Demokratie.
Integration statt Ausgrenzung – Fakten, nicht Hetze
Die eigentliche Tragik dieser Episode liegt darin, dass nicht die Opfer rassistischer Gewalt – die Asylbewerber von Friedrichshafen – ins Zentrum der politischen Debatte rücken, sondern ein verurteilter Straftäter, der sich seiner Opfer noch einmal symbolisch überordnet, indem er nun in staatsnaher Funktion arbeitet.
Die Rhetorik der AfD, die permanent von „kriminellen Ausländern“ fabuliert, erweist sich als groteske Verdrehung, wenn die Partei selbst nachweislich gewaltbereite Deutsche in ihren Reihen schützt und politisch aufwertet. Abschiebungen sind, das beweist dieser Fall, kein Allheilmittel – sie lösen schlicht gar nichts. Die Bedrohung für die Demokratie geht nicht von Geflüchteten aus, sondern von jenen, die ihnen in Uniform und Anzug Waffen entgegenstrecken.
Fazit: Demokratische Wachsamkeit statt rechter Verharmlosung
Das Fazit ist ebenso klar wie bedrückend: Der AfD ist nicht nur ihre menschenfeindliche Rhetorik vorzuhalten. Sie ist längst nicht mehr nur eine Partei mit radikalen Mitgliedern, sondern eine institutionelle Plattform rechtsextremer Strukturen, die nun tief im Bundestag verankert sind.
Ein demokratischer Staat darf dies nicht ignorieren. Er muss Transparenz schaffen, klare juristische Standards erzwingen und sich schützen vor denjenigen, die im Herzen der Demokratie das Messer wetzen.
Gegen Rassismus. Gegen Abschiebungen. Gegen Unterwanderung.
Für Integration, Rechtsstaatlichkeit und eine offene Gesellschaft.
