Kurzüberblick
- Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen zwei AfD-Politiker und weitere Beschuldigte wegen des Verdachts auf Untreue und Betrug.
- Der Bundestag hat die Immunität des AfD-Abgeordneten Raimond Scheirich aufgehoben.
- Im Fokus stehen zweckgebundene Gelder für Fraktionsarbeit in Augsburg und deren mutmaßlich falsche Deklaration im Rechenschaftsbericht.
- Es gab Durchsuchungen in Abgeordnetenbüros und in den Räumen der Augsburger AfD-Stadtratsfraktion; Beweismittel wurden sichergestellt.
- Die AfD-Fraktion im Bundestag äußert sich nicht inhaltlich und hofft auf schnellen Abschluss der Ermittlungen; bei der Immunitätsaufhebung enthielt sie sich.
Was passiert ist
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Augsburg wird gegen einen AfD-Bundestagsabgeordneten (Raimond Scheirich), einen Landtagsabgeordneten sowie weitere Beschuldigte ermittelt. Der Vorwurf: Untreue und Betrug zum Nachteil der öffentlichen Hand. Im Kern geht es um öffentliche Mittel, die die Stadt Augsburg ausdrücklich für Fraktionsarbeit bereitgestellt hat. Diese Gelder sollen zweckfremd verwendet und anschließend im Rechenschaftsbericht bewusst falsch deklariert worden sein, mutmaßlich um eine Rückzahlung an die Stadt zu verhindern.
Zur Beweissicherung wurden mehrere Objekte durchsucht – darunter Abgeordnetenbüros und die Geschäftsräume der AfD-Fraktion im Augsburger Stadtrat. Die Ermittler stellten Beweismittel sicher.
Rechtsgrundlage in Kürze: Worum es juristisch geht
- Untreue: Wer Vermögensinteressen eines anderen (hier: öffentliche Gelder, zweckgebunden) pflichtwidrig verletzt und dadurch einen Nachteil verursacht, macht sich strafbar.
- Betrug: Täuschung mit dem Ziel, sich oder Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, verbunden mit einem Vermögensschaden beim Opfer.
- Falsche Deklaration im Rechenschaftsbericht: Wer wissentlich falsche Angaben macht, um Rückforderungen zu vermeiden, bewegt sich strafrechtlich auf äußerst dünnem Eis.
Immunität aufgehoben: Was das bedeutet – und was nicht
Der Bundestag hat die Immunität von Raimond Scheirich aufgehoben, damit die Ermittlungen geführt werden können. Das ist keine Vorverurteilung, sondern eine rechtsstaatliche Voraussetzung für Zwangsmaßnahmen wie Durchsuchungen. Die Unschuldsvermutung gilt. Aber Immunität ist kein Schutzschild gegen Ermittlungen – sondern eine parlamentarische Formalie, die in solchen Fällen regelmäßig aufgehoben wird.
Stellungnahmen und politische Einordnung
- Stellungnahme: Raimond Scheirich war zunächst nicht erreichbar. Die AfD-Bundestagsfraktion teilte mit, zu laufenden Verfahren keine Auskunft zu geben, und hofft auf „schnellen Abschluss der Ermittlungen“.
- Parlamentsvotum: Union, SPD, Grüne und Linke stimmten der Aufhebung der Immunität zu; die AfD enthielt sich. Sagen wir es höflich: Wer Transparenz ernst meint, hat in solchen Momenten kein Interesse an Hinhaltetaktik.
- Funktionen des Betroffenen: Scheirich sitzt im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie, ist stellvertretendes Mitglied im Umweltausschuss, führt die AfD-Fraktion im Augsburger Stadtrat und bekleidet Parteiposten in Augsburg-Stadt und Schwaben. Gerade deshalb ist Compliance hier keine Kür, sondern Pflicht.
Warum das relevant ist
- Öffentliche Mittel, öffentliche Verantwortung: Fraktionsgelder sind zweckgebunden. Wer sie verwaltet, steht unter erhöhter Sorgfalt. Das ist kein „Formfehler“, sondern Grundbedingung demokratischer Haushaltsführung.
- Integrität demokratischer Institutionen: Strafrechtliche Vorwürfe gegen Mandatsträger sind immer ein Stresstest für Vertrauen in Politik. Der Unterschied zwischen Rechtsstaat und Populismus ist simpel: Der Rechtsstaat arbeitet mit Akten, Belegen und Beschlüssen – nicht mit Bauchgefühl.
- Transparenzpflicht: Wer politisch gerne mit Härte gegen „andere“ auftritt, sollte sie erst recht gegenüber sich selbst aushalten. Doppelte Standards sind kein tragfähiges Regierungsprogramm.
Was noch offen ist
- Ob sich der Anfangsverdacht bestätigt, klären Ermittlungen und ggf. ein Gericht. Bis dahin gilt: keine Vorverurteilung.
- Umfang und genaue Verwendung der betroffenen Mittel werden erst nach Sichtung der Beweise belastbar zu bewerten sein.
- Etwaige Rückforderungen der Stadt Augsburg hängen vom Ergebnis der Prüfung ab.
Ausblick
- Die Staatsanwaltschaft sichtete Beweismittel; es ist mit weiteren Aktenbewegungen und möglichen Vernehmungen zu rechnen.
- Sollte sich der Verdacht erhärten, drohen strafrechtliche Konsequenzen und kommunalrechtliche Rückforderungen.
- Politisch wird – unabhängig vom Ausgang – die Debatte über Kontrolle, Compliance und Rechenschaft in Fraktionen erneut Fahrt aufnehmen. Gut so.
Kontext: Rechenschaftsbericht und Zweckbindung
Fraktionen in Kommunalparlamenten erhalten Geld zur Erfüllung ihres Mandats – Sacharbeit, Personal, Organisation. Diese Mittel sind nicht privat, nicht parteilich, nicht beliebig. Sie sind zweckgebunden. Rechenschaftsberichte dokumentieren die ordnungsgemäße Verwendung. Wer hier kreativ wird, riskiert strafrechtliche, verwaltungsrechtliche und reputative Folgen – in genau dieser Reihenfolge.
Einordnung – nüchtern, aber ohne Samthandschuhe
- Der Rechtsstaat funktioniert, wenn Parlamente Immunität aufheben, Behörden durchsuchen und Gerichte am Ende entscheiden. Das ist die Normalität eines erwachsenen Systems, nicht etwa „politische Verfolgung“.
- Wer mit öffentlichem Geld arbeitet, arbeitet unter Beobachtung. Transparenz ist keine Option, sondern Verpflichtung. Dass man das 2025 noch dazusagen muss, ist bezeichnend.
- Antifaschistische Grundhaltung bedeutet hier: Wehret den Anfängen – nicht mit Parolen, sondern mit Haushaltsrecht, Aktenlage und belastbarer Kontrolle.
Hinweis zur Berichterstattung
Diese Berichterstattung beruht auf den offiziellen Mitteilungen der Staatsanwaltschaft Augsburg und den im Bundestag getroffenen Beschlüssen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
