Kognitive Dissonanz im Endstadium: Wenn der Abschiebe-Fetisch die eigene Familie frisst

Man muss sich diese exquisite Ironie fast schon auf der Zunge zergehen lassen. Es ist ein Lehrbuchbeispiel für das, was passiert, wenn man populistische Parolen brüllt, ohne die juristischen und soziologischen Kausalitätsketten zu durchdringen.

Werfen wir einen Blick über den Teich, in die USA. Dort exerziert die Exekutive gerade vor, warum der Ruf nach „harter Hand“ und Massenabschiebungen faktisch immer ins Leere läuft – oder eben genau jene trifft, die dachten, sie säßen sicher im Elfenbeinturm.

Der Sachverhalt: Die US-Migrationsbehörde ICE – bekannt für ihr martialisches Auftreten, das jeden Rechtsstaatler erschaudern lässt – hat zugeschlagen. Das Zielobjekt? Eine Frau aus Brasilien. Der Twist? Es handelt sich um die Mutter des Neffen von Karoline Leavitt. Für die, die gerade nicht im Bilde sind: Leavitt ist die Sprecherin von Donald Trump. Ja, genau jene Leavitt, die den rigorosen Abschiebe-Kurs vor den Kameras mit einem Lächeln verteidigt hat.

Man könnte es „Leoparden fressen Gesichter“ nennen, aber bleiben wir sachlich.

Die Frau wurde festgenommen und sitzt nun in Louisiana in Abschiebehaft. Das familiäre Konstrukt ist komplex, aber irrelevant für die staatliche Härte: Sie hat ein Kind mit Leavitts Bruder. Ein elfjähriger Junge, US-Staatsbürger. Das Sorgerecht teilen sie sich, sagt zumindest der Anwalt Todd Pomerleau. NBC News kolportiert etwas anderes.

Juristische Willkür als System Hier wird es interessant für alle, die noch an das Märchen vom „illegalen Eindringling“ glauben. Die Betroffene war nämlich gar nicht „illegal“ im klassischen Sinne. Sie reiste 1998 als Kind ein, fiel unter das DACA-Programm (Deferred Action for Childhood Arrivals). Ein Schutzstatus.

Warum hat sie den nicht mehr? Weil Trump in seiner ersten Amtszeit versucht hat, genau dieses Programm zu torpedieren. Sie konnte ihren Status nicht verlängern. Der Staat schafft also erst die Illegalität durch administrative Hürden, um dann die „Illegalen“ zu bekämpfen, die er selbst produziert hat. Ein Zirkelschluss, der jedem Logiker Kopfschmerzen bereitet, aber im rechten Spektrum als „Politik“ verkauft wird.

Das Narrativ vom „Kriminellen Ausländer“ Natürlich versucht das Heimatschutzministerium (DHS) sofort, das Opfer zu diskreditieren. Sprecherin Tricia McLaughlin wirft Nebelkerzen: Die Frau sei wegen Körperverletzung vorbestraft. Der Anwalt hält dagegen: Keine Vorstrafen. Wem glaubt man hier? Der Behörde, die unter politischem Druck Abschiebequoten erfüllen muss und dafür bekannt ist, Gründe zu konstruieren, oder dem Rechtsbeistand? Es ist ein durchschaubares Manöver. Selbst wenn es eine Vorstrafe gäbe: Abschiebung ist keine Strafverfolgung, sondern eine Bankrotterklärung der Integrationspolitik.

Die Conclusio Wir sehen hier exemplarisch, warum Abschiebungen als politisches Instrument versagen. Sie lösen keine Probleme. Sie zerstören soziale Gefüge, trennen Mütter von Kindern (egal ob diese beim Vater wohnen oder nicht, das Sorgerecht besteht) und treffen am Ende völlig willkürlich.

Es trifft nicht „die Anderen“. Es trifft Menschen, die seit 1998 im Land sind, die integriert sind, die Teil von Familien sind. Dass es nun das Umfeld einer Trump-Sprecherin trifft, entbehrt nicht einer gewissen karmischen Gerechtigkeit, ändert aber nichts an der Grausamkeit des Systems.

Wer glaubt, man könne Migration mit Stacheldraht und ICE-Razzien steuern, hat weder Geschichte noch Soziologie verstanden. Es ist reiner Populismus für das schlichte Gemüt. Und wie wir sehen: Am Ende sind auch die Privilegierten nicht vor dem Monster sicher, das sie selbst gefüttert haben.

Tja. Machste nix.

Integration statt Desintegration. Fakten statt Parolen.

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