Lacher des Tages: Der „teuflische Plan“ der Hamburger Finanzbehörde (oder: Wie man 90 Millionen Euro Steuergeld verschenkt)

Da fällt dir doch der Kitt aus der Brille.

Erinnert ihr euch noch an Cum-Ex? Diese kleine Unannehmlichkeit, bei der sich kriminelle Banker in Nadelstreifen Steuern erstatten ließen, die sie nie gezahlt hatten? Ein Griff in die Staatskasse, der uns alle flockige 10 Milliarden Euro gekostet hat? Ja, genau der.

Bisher dachten wir ja immer: Die Banken sind die Bösen, und der Staat ist halt einfach nur zu blöd oder zu langsam, um sie zu fangen. Falsch gedacht.

Es sieht so aus, als saß der Feind direkt im Finanzamt. Und zwar mit einem „teuflischen Plan“.

Die Kölner Staatsanwaltschaft hat jetzt eine 595 Seiten starke Anklageschrift beim Landgericht Bonn eingereicht. Der WDR durfte mal reinlinsen. Und was da drinsteht, lässt einen den Glauben an den Rechtsstaat nicht nur verlieren, sondern ihn lachend in die Tonne treten.

Es geht um die Hamburger Finanzbeamtin Daniela P. und die „ehrbare“ Privatbank MM Warburg. Es geht um 90 Millionen Euro, die eigentlich dem Steuerzahler gehörten, aber dank staatlicher „Hilfe“ fast bei der Bank geblieben wären.

Die Faktenlage (Schnallt euch an):

Es ist das Jahr 2016. Die Cum-Ex-Ermittlungen laufen an. Eigentlich lag schon ein Steuerbescheid vor, um die Kohle von Warburg zurückzuholen. Die Betriebsprüfer wollten das Geld. Die Gesetze wollten das Geld.

Aber Daniela P., die zuständige Sachgebietsleiterin, hatte offenbar andere Pläne. Laut Anklage lief das so ab:

  1. Blockieren & Täuschen: Statt den Steuerbescheid rauszuschicken, wird der Fall an die vorgelagerte Finanzbehörde eskaliert.
  2. Der Tipp: Sie soll der Bank empfohlen haben, sich „politischen Beistand“ zu holen. In Hamburg. Zwinker, zwinker.
  3. Die Zensur: Vorgesetzte wurden offenbar mit manipulierten, unvollständigen Infos gefüttert. Berichte von Wirtschaftsprüfern? Unterschlagen. Erkenntnisse aus den Kölner Ermittlungsakten? Vorenthalten.
  4. Der Showdown: Am 16. November 2016 gab es eine Sitzung. Daniela P. behauptet (wider besseres Wissen, so der Vorwurf), die Bank gehe pleite, wenn sie das Geld zurückzahlen muss. Eine „Existenzgefährdung“. Die kritischen Betriebsprüfer? Wurden draußen gelassen.
  5. Das Ergebnis: Die Beamten nicken, das Geld wird nicht zurückgefordert. Verjährung droht.

„Mein teuflischer Plan ist aufgegangen“

Und jetzt kommt der Hammer. Das ist keine Verschwörungstheorie, das haben die schwarz auf weiß. Die Ermittler haben WhatsApp-Nachrichten beschlagnahmt.

Kurz nach der Entscheidung schreibt Daniela P. an eine Freundin:

„Mein teuflischer Plan ist aufgegangen.“

Kannste dir nicht ausdenken. Ihren „Freunden“ bei der Warburg-Bank meldet sie den Erfolg. Den eigenen Kollegen (den Betriebsprüfern) sagt sie nichts.

Verteidigungs-Bullshit-Bingo

Der Anwalt von Daniela P. feuert natürlich aus allen Rohren zurück. Die Argumentationslinie ist Comedy-Gold:

  • „Keine Nähe zur Eigentümerfamilie.“ (Klar, man verschenkt 90 Mio. Euro einfach aus Nächstenliebe).
  • „Kein Motiv.“
  • Die Staatsanwaltschaft Köln betreibe „Venue Shopping“, weil sie in Bonn anklagt und nicht im schönen Hamburg (wo die Staatsanwaltschaft laut Verteidiger gar keinen Anfangsverdacht gesehen hat. Ach, was? In Hamburg sieht man bei Warburg nichts? Nein! Doch! Oh!).

Der Staat musste den Staat zwingen

Das Beste kommt zum Schluss: Die Hamburger Finanzverwaltung war so sehr auf Kuschelkurs mit der Bank, dass das Bundesfinanzministerium (BMF) einschreiten musste. 2017 musste das BMF Hamburg per Weisung zwingen, das Geld zurückzufordern. 2019 wollte Daniela P. schon wieder dealen („tatsächliche Verständigung“) – wieder musste das BMF dazwischengrätschen.

Die Warburg-Bank hat am Ende 2020 zahlen müssen (187,5 Mio Euro). Aber nicht, weil Hamburg das wollte. Sondern obwohl Hamburg alles getan hat, um es zu verhindern.

Fazit

Wenn das Verfahren eröffnet wird (das Landgericht Bonn prüft noch, hat das Verfahren gegen P. aber erst mal abgetrennt – seufz), sitzt zum ersten Mal der Staat selbst auf der Anklagebank.

Wir reden hier nicht von Inkompetenz. Wir reden laut Staatsanwaltschaft von Vorsatz. Von einem teuflischen Plan. Von einer Finanzbeamtin, die aktiv gegen die Interessen des Staates und der Bürger gearbeitet hat, um einer Bank den Arsch zu retten.

Und ihr fragt euch, warum keine Schulen saniert werden? Da habt ihr die Antwort.

[Update]: Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung. Bis zum Beweis des Gegenteils war das alles nur ein bedauerliches Versehen beim Mausschubsen.

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