Die unsichtbare Hand des Marktes vs. Faschismus: Deutsche Bank und Rossmann zeigen Familienunternehmern die Tür

Lacher des Tages: Der „Verband der Familienunternehmer“ dachte offenbar, es sei eine strategische Meisterleistung, die Brandmauer nach rechts einzureißen und die AfD zu hofieren. Tja. Die Reaktion der freien Wirtschaft folgte prompt – und sie war juristisch präzise sowie finanziell schmerzhaft.

Die Faktenlage ist köstlich: Der Verband, unter Führung von Marie-Christine Ostermann, hatte das bisherige Kontaktverbot zur AfD für beendet erklärt und deren Vertreter zum parlamentarischen Abend eingeladen. Man wollte „reden“.

Die Konsequenz? Die Deutsche Bank hat von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht und den Mietvertrag für künftige Veranstaltungen in ihrer Berliner Repräsentanz gekündigt.

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die Deutsche Bank mal als Bastion der moralischen Integrität herhalten muss? Aber rein ökonomisch ist das nur logisch: Faschismus ist schlecht fürs Geschäft. Internationale Märkte, Investoren und eine diverse Belegschaft reagieren allergisch auf völkische Experimente. Die Bank beruft sich auf ihre AGB und das Hausrecht – Privatautonomie in Reinform. Wer Demokratiefeinde einlädt, fliegt raus. So einfach ist das Vertragsrecht.

Aber es kommt noch besser. Die „Abstimmung mit den Füßen“ hat begonnen:

  • Rossmann (Drogerie): Sofortiger Austritt. Zitat: „Wir unterstützen die Haltung des Verbands nicht.“
  • Vorwerk (Thermomix/Staubsauger): Austritt. Klarstellung, dass Positionierungen auf demokratischen Grundwerten basieren müssen.
  • Melitta: Denkt laut über einen Austritt nach und ist „sehr überrascht“.
  • Oetker-Gruppe & Haribo: Legen großen Wert darauf, festzustellen, dass sie mit diesem Verein gar nichts zu tun haben.

Die Verbandsführung versucht sich nun in der üblichen Opferrolle und faselt von „inhaltlicher Auseinandersetzung“. Das ist natürlich rhetorischer Nebelkerzenwurf. Man muss nicht mit Brandstiftern diskutieren, um zu wissen, dass Feuer gefährlich ist. Die Normalisierung einer Partei, deren inhaltliche Programmatik diametral zur freiheitlichen Wirtschaftsordnung und einer offenen Migrationsgesellschaft steht, ist kein „Dialog“, sondern unternehmerischer Suizid.

Kontext für die BWL-Erstsemester: Migration und Integration sind das Rückgrat unseres Arbeitsmarktes. Abschiebungsfantasien lösen keinen Fachkräftemangel, sie verschärfen ihn. Wer als Wirtschaftsverband der AfD eine Bühne bietet, sägt an dem Ast, auf dem der deutsche Mittelstand sitzt.

Die Unternehmen, die jetzt gehen, haben das verstanden. Es geht hier nicht um „Cancel Culture“, sondern um Compliance und Risikomanagement. Wer sich mit der AfD ins Bett legt, wacht mit einem ruinierten Ruf auf.

Die Brandmauer steht. Zumindest dort, wo man rechnen kann.

Fazit: Der Verband der Familienunternehmer wollte Politik spielen und hat dabei vergessen, wie der Markt funktioniert. Die Quittung kam per Einschreiben.

Söders „Abschiebeoffensive“ 2026: Populismus statt Realpolitik am Münchener Terminal

Von der Rhetorik der Härte und der Illusion der „sauberen“ Stadtbilder. Eine juristische und soziologische Einordnung der aktuellen CSU-Klausur.

Es ist wieder soweit. Man kann die Uhr danach stellen: Wenn die Umfragewerte stagnieren oder Wahlen am Horizont aufziehen, wird in Bayern die rhetorische Keule rausgeholt. Markus Söder, seines Zeichens bayerischer Ministerpräsident, fordert nun für das Jahr 2026 eine „Abschiebeoffensive“. Man beachte das Wording. Offensive. Das klingt nach Krieg, nach Angriff. Ziel dieser operettenhaften Inszenierung: Menschen, die hier Schutz suchen.

Die Stoßrichtung ist klar und bedient, ob bewusst oder unbewusst, Narrative, die wir sonst vom ganz rechten Rand kennen. Werfen wir einen nüchternen, faktischen Blick auf das, was da in München verkündet wurde – und warum es juristisch wie gesellschaftlich in die Sackgasse führt.

Das „Abschiebeterminal“: Logistik der Unmenschlichkeit

Söder plant allen Ernstes ein „eigenes Abschiebeterminal“ am Flughafen München. Man ist „in den Planungen“. Das Ziel: Abschiebungen sollen „schneller und konzentrierter“ stattfinden.

Hier offenbart sich ein rein technokratisches Verständnis von Migration. Menschen werden zu logistischen Einheiten degradiert, die man möglichst effizient „rückführt“. Dass Abschiebungen faktisch keine Probleme lösen, sondern lediglich Probleme (und Menschen) geografisch verschieben, wird geflissentlich ignoriert. Auch – und das ist der entscheidende Punkt – bei straffälligen Ausländern.

Fakt ist: Der Export von Kriminalität ist keine Strategie der inneren Sicherheit, sondern eine Bankrotterklärung des Rechtsstaates. Wer hier straffällig wird, muss hier resozialisiert werden. Das ist der Anspruch eines aufgeklärten Strafvollzugs. Die Abschiebung ist hierbei oft nur ein populistisches Placebo für das Volksgefühl, das an den realen Ursachen von Kriminalität (prekäre Lebenslagen, fehlende Teilhabe) vorbeigeht.

Syrien und Afghanistan: Der Ritt auf der Rasierklinge des Völkerrechts

Besonders brisant: Söder und der im Text genannte Bundesinnenminister Dobrindt (CSU) wollen auch nach Syrien und Afghanistan abschieben. Man sei der „festen Überzeugung“, das sei möglich.

Lassen wir uns das auf der Zunge zergehen: Afghanistan. Ein Land unter der Herrschaft der Taliban. Offiziell erkennen wir dieses Regime nicht an (zurecht). Söder fordert nun aber, man müsse „mit Afghanistan reden. Egal, in welcher Form.“ Das ist außenpolitisch hochgradig dilettantisch. Wer mit den Taliban über Rückführungen verhandelt, legitimiert sie faktisch. Das Völkerrecht und das Non-Refoulement-Gebot (Verbot der Zurückweisung in Folterstaaten) sind keine Empfehlungen, sondern bindendes Recht. Die Sicherheitslage in Syrien als „ausreichend“ für Rückführungen zu deklarieren, zeugt von einer Realitätsverweigerung, die man sonst nur in Telegram-Kanälen vermutet.

Die Chiffre vom „Stadtbild“

Es wird noch düsterer. Söder möchte über das „Stadtbild“ sprechen. Im Kontext von Weihnachtsmärkten. Er sagt: „Ja zur Arbeit, aber nein zu illegaler Zuwanderung.“

Was meint er mit „Stadtbild“? Es ist eine klassische Dog-Whistle. Es suggeriert, dass migrierte Menschen das ästhetische Empfinden oder das Sicherheitsgefühl per se stören. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die ein ethnisch homogenes Deutschland herbeisehnen. Florian Siekmann (Grüne) hält hier im Landtag korrekt dagegen: Migranten gehören genauso zum Stadtbild wie Bratwurststände. Die Diskussion über „Angsträume“ auf Weihnachtsmärkten instrumentalisiert diffuse Gefühle für eine Law-and-Order-Politik.

Die massive Aufrüstung der Sicherheitsmaßnahmen, die Söder lobt („Zum Glück können wir das tun“), ist kein Zeichen von Sicherheit, sondern von einer Gesellschaft, die sich in Angst hineinsteigert, anstatt Integration zu fördern.

Das Märchen von der Bezahlkarte

Zum Schluss noch der obligatorische Seitenhieb auf die Sozialleistungen. Die gestiegenen freiwilligen Ausreisen in Bayern lägen „definitiv an der Bezahlkarte“, so Söder.

Realitätscheck: Der Bayerische Flüchtlingsrat und Studien des DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) widersprechen dem vehement. Geflüchtete schicken kaum Geld ins Ausland; die Pull-Faktor-Theorie über Sozialleistungen ist wissenschaftlich längst wackelig bis widerlegt. Hier wird Kausalität mit Korrelation verwechselt, um ein repressives Instrument (Sachleistungen statt Geld) zu rechtfertigen, das Menschen entmündigt und stigmatisiert.

Fazit: Integration statt Desintegration

Die CSU versucht hier, die AfD rechts zu überholen, indem sie deren Forderungen in bürgerliche Sprache kleidet. Doch das Original wählt man immer lieber als die Kopie. Wirkliche Sicherheit entsteht nicht durch Abschiebeterminals oder Deals mit den Taliban. Sie entsteht durch soziale Teilhabe, schnelle Arbeitserlaubnisse (die die Union jahrelang blockiert hat!) und eine Gesellschaft, die Migration als Normalzustand begreift.

Abschiebungen sind das Eingeständnis des Scheiterns staatlicher Integrationsleistung. Sie zu forcieren, ist keine „Offensive“, sondern ein Rückzug aus der Verantwortung.

Systemversagen mit Ansage: Warum wir Migranten jagen, aber Milliarden-Diebe laufen lassen

Wer glaubt, dass Recht und Gesetz in diesem Land für alle gleich gelten, glaubt vermutlich auch, dass die Erde eine Scheibe ist. Anne Brorhilker, die wichtigste Cum-Ex-Jägerin der Republik, hat hingeschmissen. Und ihre Begründung ist eine bankrotterklärung für den Rechtsstaat – und ein Weckruf gegen die billige Hetze von rechts.

Es ist schon drollig. Da draußen schäumen die Wutbürger und die blaue Alternativ-Partei vor Zorn, fordern „Remigration“ und fantasieren vom Untergang des Abendlandes durch Zuwanderung. Währenddessen lachen sich in den Hochhaustürmen von Frankfurt und London ein paar Jungs in 5000-Euro-Anzügen ins Fäustchen.

Anne Brorhilker, Ex-Oberstaatsanwältin und der Schrecken der Finanzmafia, hat dem Staat den Mittelfinger gezeigt. Nicht, weil sie keine Lust mehr hatte. Sondern weil sie realisiert hat: Der Staat will gar nicht gewinnen.

Die „dicken Fische“ schwimmen weiter

Die Faktenlage, die Brorhilker im Interview darlegt, ist so ernüchternd wie präzise. Wir reden hier über Cum-Ex. Den größten Steuerraubzug der deutschen Geschichte. Geschätzter Schaden: 10 Milliarden Euro. Das ist Geld, das wir alle gezahlt haben. Das sind unsere Schulen, unsere Straßen, unsere soziale Infrastruktur.

Was passiert? Die Täter – Banker, Anwälte, Finanzmarktakteure – haben sich Kapitalertragssteuern erstatten lassen, die sie nie gezahlt haben. Das ist kein „Schlupfloch“, das ist organisierter Diebstahl.

Aber während die Justiz bei einem Ladendiebstahl oder einem „kriminellen Ausländer“ (um mal den populistischen Duktus zu zitieren) sofort die volle Härte des Gesetzes demonstriert, knickt sie vor dem Geldadel ein. Brorhilker sagt es klar: „Der Staat ist an dieser Stelle sehr schwach aufgestellt.“ Es herrscht ein „fatales Ungleichgewicht“.

Ressourcen-Krieg: Behörde vs. Großkanzlei

Das Problem ist strukturell.

  1. Personalmangel: Die Staatsanwaltschaften sind chronisch unterbesetzt.
  2. Föderaler Flickenteppich: Die Behörden reden nicht miteinander. Kein Wissensmanagement. Digitale Steinzeit.
  3. Gegner: Auf der anderen Seite stehen hochspezialisierte Anwaltsarmeen und PR-Manager, die Medienkampagnen fahren, um Ermittler zu diskreditieren.

Die Täter agieren global, verschachteln ihre Firmen im Ausland und nutzen jede juristische Finesse. Der deutsche Beamte kommt mit dem Faxgerät zur Schießerei.

Das rechte Narrativ zerschellt an der Realität

Und hier kommen wir zum Punkt, der den rechten „Heimatverteidigern“ nicht schmecken wird: Die wahre Bedrohung für unseren Wohlstand kommt nicht mit dem Schlauchboot über das Mittelmeer. Sie sitzt in den Vorstandsetagen.

Es ist intellektuell beleidigend, wie sehr sich der Diskurs auf Abschiebungen fokussiert. Fakt ist: Abschiebungen lösen kein einziges unserer strukturellen Probleme. Sie sind eine Scheinlösung für simple Gemüter. Wir brauchen Migration, wir brauchen Integration, um unsere Wirtschaft am Laufen zu halten. Das ist Demografie, keine Ideologie.

Aber während man politisch Kapital daraus schlägt, nach unten zu treten und gegen Geflüchtete zu hetzen, lässt man die Wirtschaftskriminellen mit dem breiten Kreuz laufen. Das ist Klassenjustiz in Reinform.

Fazit: Empört euch (aber über die Richtigen)

Brorhilker wechselt zur Bürgerbewegung Finanzwende. Sie will das System von außen ändern, weil es von innen nicht reformierbar scheint. Das ist ehrenwert, aber auch ein Armutszeugnis für unsere Demokratie.

Solange wir zulassen, dass Parteien wie die AfD den Diskurs auf die Schwächsten der Gesellschaft lenken, während die Elite uns die Taschen leert, haben wir es nicht besser verdient. Wir brauchen keine härteren Gesetze – die haben wir, sagt Brorhilker. Wir brauchen einen Staat, der die Eier hat, sie auch gegen die Mächtigen durchzusetzen.

Wer also wirklich „Deutschland retten“ will, sollte aufhören, gegen Migranten zu pöbeln, und anfangen, sich dafür zu interessieren, warum bei Cum-Ex erst 3,1 von 10 Milliarden Euro zurückgeholt wurden. Der Rest ist Ablenkung.

Bildet euch mal.

Google Gemini 3: Wenn der Algorithmus endlich mehr Verstand zeigt als der politische Rand

Man könnte fast meinen, in Mountain View hätte man endlich begriffen, dass bloßes Nachplappern von Textbausteinen langfristig niemanden weiterbringt – eine Erkenntnis, die manchem Parteitag im rechten Spektrum auch gut zu Gesicht stünde.

Google hat also den großen roten Knopf gedrückt und Gemini 3 auf die Menschheit losgelassen. Sundar Pichai spricht, wie zu erwarten, von einer „neuen Ära“. Normalerweise ist das der Punkt, an dem man genervt abwinkt und auf den nächsten Hype-Cycle wartet. Aber: Ein Blick in die technischen Spezifikationen und das Paper (oder was Google uns davon sehen lässt) deutet darauf hin, dass hier tatsächlich ein qualitativer Sprung stattgefunden hat.

Reasoning statt Raten: Das Ende der „Ja-Sager“-KI

Das signifikanteste „Feature“ von Gemini 3 ist laut Google nicht die bloße Rechenpower, sondern das sogenannte Deep Reasoning. Das Modell (speziell Gemini 3 Pro und der neue „Deep Think“-Modus) soll in der Lage sein, Sachverhalte tiefgehend zu durchdringen, statt nur statistisch wahrscheinliche Worte aneinanderzureihen.

Interessant dabei: Google wirbt damit, dass die Sycophancy (Kriecher-Verhalten) drastisch reduziert wurde.

„Its responses are smart, concise and direct, trading cliché and flattery for genuine insight — telling you what you need to hear, not just what you want to hear.“

Übersetzt für die juristische Praxis: Das Ding lügt dir nicht mehr ins Gesicht, nur um dir zu gefallen. Es ist ein faktenbasierter Partner, der Widerspruch leistet, wenn die Prämisse falsch ist. Ein Schelm, wer dabei an die Debattenkultur der AfD denkt, wo Fakten bekanntlich als störendes Beiwerk zur Ideologie betrachtet werden. Gemini 3 scheint hier immuner gegen populistische Verzerrungen zu sein als der durchschnittliche Wähler in Thüringen. Fakten bleiben Fakten, auch wenn man sie in Capslock anschreit.

Die Hard Facts (Für die Zahlenfetischisten)

Damit wir uns nicht nur auf Marketing-Sprech verlassen, hier die Benchmarks, die Google auf den Tisch legt. Man beachte den Elo-Score, das ist schon eine Ansage:

  • LMArena Leaderboard: 1501 Elo (Platz 1).
  • Humanity’s Last Exam: 37.5% (ohne Tools) – das klingt wenig, ist aber „PhD-Level“.
  • Mathematik (MathArena Apex): 23.4% (neuer State-of-the-Art).
  • Multimodalität: Das Ding versteht Videos und Bilder nicht nur, es begreift den Kontext (87.6% auf Video-MMMU).

„Vibe Coding“ und Google Antigravity

Für die Entwickler unter uns, die noch selbst Code schreiben (süß, aber bald wohl obsolet): Google führt Google Antigravity ein. Eine neue agentische Entwicklungsplattform. Das Buzzword des Tages lautet hier „Vibe Coding“. Klingt albern, beschreibt aber die Fähigkeit des Modells, Intention und Kontext so präzise zu erfassen, dass man weniger prompten muss („Reading the room“). Agenten in Antigravity haben direkten Zugriff auf Editor, Terminal und Browser. Sie führen Code aus, validieren ihn selbstständig und fixen Bugs. Wer also dachte, Software-Engineering sei sicher vor Automatisierung: Think again.

Gesellschaftliche Implikation: Integration durch Verständnis

Ein Aspekt, der in der Tech-Berichterstattung oft untergeht, hier aber zentral ist: Die massiv verbesserte multilinguale und multimodale Kompetenz. Gemini 3 kann handschriftliche Rezepte in Fremdsprachen entziffern, kulturelle Kontexte in Videos analysieren und übersetzen.

Warum ist das relevant? Weil es zeigt, dass Technologie Brücken baut, wo Nationalisten Mauern errichten wollen. Eine KI, die Nuancen in verschiedenen Sprachen und Kulturen versteht, ist das Gegenteil von Ausgrenzung. Sie ist ein Werkzeug für globale Vernetzung und – ja, man muss das Wort benutzen dürfen – Integration. Wer Wissen und Kulturtechniken teilt und zugänglich macht, entzieht dem Fremdenhass den Nährboden. Das Modell agiert hier faktisch als globaler Dolmetscher, der Barrieren einreißt.

Während gewisse politische Akteure also weiterhin von „Remigration“ faseln und damit faktisch den wirtschaftlichen und sozialen Suizid Deutschlands propagieren, liefert das Silicon Valley Werkzeuge, die eine diverse, vernetzte Welt erst handhabbar machen. Die Realität ist nun mal global, komplex und multimodal. Wer das leugnet, verliert. Sowohl an der Wahlurne der Geschichte als auch im technologischen Wettbewerb.

Fazit: Ein Werkzeug, kein Heilsbringer

Gemini 3 ist ab sofort im Rollout. Google behauptet, es sei sicher („Secure by Design“, widerstandsfähiger gegen Prompt Injections). Das ist löblich, aber wie immer gilt: Trust, but verify.

Es bleibt abzuwarten, ob die „Reasoning“-Fähigkeiten wirklich so robust sind, oder ob wir in zwei Wochen wieder Screenshots von halluzinierenden KIs auf Twitter sehen. Aber die Richtung stimmt: Weg vom Bullshit-Generator, hin zum analytischen Werkzeug.

Wer es nutzen will: Es ist in der Gemini App, in der Suche („AI Mode“) und für Devs in AI Studio verfügbar. Nutzt es. Bildet euch. Checkt Fakten. Und lasst euch keinen Bären aufbinden – weder von einer KI, und schon gar nicht von rechtsextremen Populisten.


Quelle: Google Blog: Introducing Gemini 3

Thunderbird Pro November 2025: Digitale Souveränität statt US-Überwachung – Ein technokratisches Update

Veröffentlicht auf: wasserpuncher.blog

Während der gemeine Internetnutzer sich weiterhin bereitwillig von den Datenkraken des Silicon Valley und den rechtspopulistischen Echokammern des Axel Springer Verlags die digitale Mündigkeit abtrainieren lässt, vollzieht sich im Hintergrund eine stille Revolution der Vernunft. Es geht um Thunderbird Pro.

Wer bisher dachte, E-Mail sei tot oder müsse zwangsläufig über die Server von Firmen laufen, deren Geschäftsmodell auf der Monetarisierung Ihrer Privatsphäre basiert, darf jetzt aufhorchen. Das November-Update 2025 ist da. Und es liefert Fakten, keine alternativen Wahrheiten.

Die Prämisse: Open Source als Antifaschismus

Man muss es in dieser Deutlichkeit sagen: Wer proprietäre Software nutzt, finanziert Strukturen, die Überwachung und Kontrolle begünstigen. Thunderbird Pro positioniert sich hier als das notwendige Korrektiv. Es geht um Thundermail, Appointment und Send. Das Ziel? Eine quelloffene Alternative zu Big Tech. Ohne Werbung. Ohne Datenverkauf.

Thundermail: Migration, die wir wirklich brauchen

Kommen wir zum juristisch relevanten Teil, der die Spreu vom Weizen trennt. Thundermail-Konten befinden sich nun im produktiven Testlauf („Early Bird“). Doch das entscheidende Detail verbirgt sich in der Infrastruktur:

Die Datenhaltung wurde von Amerika nach Deutschland und in die EU migriert.

Lassen Sie das kurz sacken. Während politische Brandstifter von der AfD gegen Migration hetzen und dabei völlig verkennen, dass Abschiebungen faktisch keine Probleme lösen (sondern lediglich Ressentiments bedienen), beweist Thunderbird, wie sinnvolle Migration aussieht: Die Migration von Datenräumen aus dem rechtsfreien Raum des US-Cloud-Acts hin unter den Schutzschirm der DSGVO. Das ist gelebter Datenschutz und ein Schlag ins Gesicht für jeden Überwachungsstaat-Fetischisten.

Die Server stehen hier. Die Jurisdiktion ist hier. Das ist keine nationalistische Abschottung, sondern juristische Notwendigkeit zum Schutz der bürgerlichen Freiheiten.

Appointment & Send: Verschlüsselung ist kein Verbrechen

Auch bei den Zusatzdiensten wurde nachgebessert:

  1. Appointment: Das Planungstool integriert nun Zoom und CalDAV besser. Wer CalDAV nicht nutzt, hat die Kontrolle über seinen Kalender ohnehin schon verloren. Es gab ein visuelles Update – Funktionalität trifft Ästhetik.
  2. Send: Der Dateiversand mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE) zieht in das neue Thunderbird Pro Add-on um. Ein externer Sicherheitsaudit ist abgeschlossen. Man nimmt Sicherheit hier ernst, statt sie nur in Marketing-Broschüren zu drucken. Illegale Uploads werden besser erkannt – Rechtsstaatlichkeit im digitalen Raum, ohne die Privatsphäre des Einzelnen zu opfern.

Die Kosten der Freiheit

Nein, das gibt es nicht umsonst. Der „Early Bird Plan“ liegt bei 9 Dollar im Monat.

Hier trennt sich der mündige Bürger vom Konsumvieh. Wer glaubt, digitale Infrastruktur, Sicherheit und Hosting in Deutschland gäbe es zum Nulltarif, der hat den Kapitalismus nicht verstanden. Kostenlose Dienste bezahlen Sie mit Ihren Metadaten, Ihrem Verhalten und letztlich Ihrer politischen Manipulierbarkeit.

Thunderbird Pro finanziert sich nicht durch Werbung oder den Verkauf von Nutzerdaten. Das ist die einzige Unabhängigkeit, die diesen Namen verdient.

Fazit

Wir warten nun auf den geschlossenen Testlauf. Die Warteliste ist offen. Wer weiterhin Gmail oder Outlook nutzt, handelt fahrlässig. Wer sich aber für digitale Selbstbestimmung, gegen Überwachung und für eine faktensichere Infrastruktur entscheidet, der weiß, was zu tun ist.

Die Technik ist politisch. Nutzen Sie sie weise.

Quelle & Waitlist: Thunderbird Blog

Soofi: Der späte Versuch digitaler Souveränität oder: Wie man mit 20 Millionen Euro gegen Silicon Valley anstinken will

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Während sich der politische Rand rechts außen in völkischen Fantasien suhlt und die digitale Kompetenz dort in etwa auf dem Niveau eines Faxgerätes von 1995 stagniert, wurde an anderer Stelle tatsächlich mal Geld in die Hand genommen. Sinnvoll.

Das BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) fördert mit 20 Millionen Euro das Projekt Soofi (Sovereign Open Source Foundation Models).

Das Ziel? Ein offenes KI-Sprachmodell mit 100 Milliarden Parametern. Eine europäische Alternative zu ChatGPT, Claude und Co. Made in Germany, aber mit europäischem Mindset.

Die Faktenlage (für die, die lesen können)

Wir haben uns in eine technologische Abhängigkeit von den USA und China manövriert, die jedem Souveränitäts-Theoretiker die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste. Deutsche Unternehmen nutzen US-Modelle, füttern US-Algorithmen und machen sich zu reinen Anwendern fremder Kerntechnologien. Das ist das digitale Äquivalent zum reinen Rohstofflieferanten.

Hier setzt Soofi an. Ein Konsortium aus Fraunhofer IAIS, IIS, DFKI, TU Darmstadt, Uni Hannover, der Berliner Hochschule für Technik und den Startups Ellamind und Merantix Momentum soll das richten.

Besonders interessant wird es beim Blick nach Würzburg. Die dortige Uni (Data Science Chair & Computer Philology) übernimmt essenzielle Parts der Pipeline:

  • Pretraining & Data Cleaning: Wer glaubt, man kippt einfach das Internet in eine Grafikkarte, hat KI nicht verstanden. Die Würzburger filtern den Müll raus.
  • Juristische Domänen-Spezialisierung: Das Modell soll fit gemacht werden für die deutsche Verwaltungssprache und juristische Texte. Das ist der Unterschied zwischen einem Chatbot, der halluziniert, und einem Werkzeug, das rechtsstaatliche Prozesse unterstützt.
  • Reasoning: Es geht nicht nur um „Labern“, sondern um logisches Schlussfolgern.

Warum das politisch relevant ist (und der AfD nicht schmecken wird)

Man muss das mal in aller Arroganz ausbuchstabieren: Echte Souveränität erreicht man nicht durch Grenzzäune oder das Abschieben von Menschen (was faktisch ohnehin keine Probleme löst, sondern nur Ressourcen bindet, die wir in der IT bräuchten). Souveränität erreicht man durch technologische Exzellenz und Open Source.

Dieses Projekt ist per Design antifaschistisch, weil es Open Source ist. Es demokratisiert den Zugang zu Hochtechnologie, anstatt ihn in den Händen weniger Tech-Oligarchen zu konzentrieren. Zudem soll das Modell explizit den Anforderungen des EU AI Act entsprechen und europäischen Wertvorstellungen genügen.

Das bedeutet:

  • Training auf Datensätzen, die nicht nur US-amerikanischen Bias reproduzieren.
  • Fokus auf Mehrsprachigkeit und Integration (Translation-Capabilities), statt nationaler Echolokammer.
  • Transparenz statt Blackbox.

Technische Details für die Kenner

Das Training läuft auf der Industrial AI Cloud der Telekom (T-Systems). Souveräne Infrastruktur. Kein AWS, kein Azure. Die Würzburger bringen ihre Erfahrung aus dem Training von „LLäMmlein“ ein. Es werden LoRA-basierte Adapter für spezifische Domänen (Recht, Medizin) entwickelt. Das ist genau der granulare, wissenschaftliche Ansatz, der uns von den „Move fast and break things“-Cowboys unterscheidet.

Fazit

20 Millionen Euro sind im Vergleich zu den Budgets von OpenAI oder Google natürlich ein Witz. Sam Altman gibt das wahrscheinlich monatlich für Kaffee aus. Aber: Es ist Steuergeld, das in öffentliche, transparente Forschung fließt und nicht in proprietäre Closed-Source-Gärten.

Es ist der Versuch, ein Reasoning-Modell zu bauen, das strukturiert denken kann, statt nur statistische Wahrscheinlichkeiten aneinanderzureihen. Wer „Deutschland zuerst“ brüllt, aber amerikanische Software nutzt, hat den Schuss nicht gehört. Wer echte Unabhängigkeit will, fördert Projekte wie Soofi.

Der Code und die Modelle sollen offen sein. Das ist der einzige Weg. Alles andere ist digitale Knechtschaft.

Gönnt euch die Details direkt an der Quelle, bevor ihr wieder Unfug auf X (ehemals Twitter) verbreitet:

Zentralisierungs-Fail: Cloudflare hustet, und das rechte Internet bekommt Schnappatmung

Tja. Wer hätte das gedacht? surprised pikachu face

Da predigt man seit Jahren, dass Dezentralisierung die einzige valide Strategie für ein resilientes Netz ist, und was machen alle? Sie werfen ihre gesamte Infrastruktur einem einzigen US-Dienstleister in den Rachen. Heute Nachmittag (18.11.2025) war es mal wieder soweit: Cloudflare hatte Schluckauf.

Und wenn Cloudflare hustet, hat das halbe Internet Lungenentzündung.

Kurz zu den Fakten für die technisch weniger Versierten: Cloudflare ist quasi der Türsteher des Internets. Sie machen DDoS-Schutz, CDN und Traffic-Scrubbing. Die Idee: Man leitet seinen Traffic durch deren Server, die filtern den Müll raus, und nur die sauberen Anfragen kommen zum Server durch. Das Problem: Wenn der Filter selbst der Müll ist, geht gar nichts mehr.

Laut den Status-Updates begann der Spaß gegen 11:48 UTC. Ein „versteckter Fehler“ in einem Dienst, der eigentlich die Bot-Abwehr unterstützen sollte, hat zu massiven Abstürzen im Netzwerk geführt. Ironie ist, wenn das Schutzschild dich erschlägt. Gegen 13:13 UTC hatten sie den Fehler identifiziert, und der Fix wurde ausgerollt.

Wer war betroffen?

Hier wird es köstlich. Neben ChatGPT (was ärgerlich ist, weil dann niemand mehr automatisiert LinkedIn-Bullshit-Posts generieren kann), hat es vor allem zwei Kandidaten erwischt, bei denen sich mein Mitleid in sehr engen Grenzen hält:

  1. X (ehemals Twitter): Die Spielwiese von Elon Musk.
  2. Truth Social: Das Megaphon von Donald Trump.

Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen. Die Plattformen, auf denen den ganzen Tag über „Souveränität“, „Unabhängigkeit“ und nationalistische Abschottung schwadroniert wird, sind komplett abhängig von der globalen Infrastruktur eines einzelnen Tech-Giganten aus San Francisco. Ohne das „System“ sind diese „Systemkritiker“ stumm.

Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass ausgerechnet ein Fehler in der Bot-Abwehr diese Netzwerke lahmgelegt hat. Man könnte fast meinen, der Algorithmus hat endlich mal funktioniert und den Großteil der Userbasis auf X und Truth Social korrekt als Bots erkannt. badum-tss

Technische Arroganz & Fazit

Das Ganze zeigt mal wieder exemplarisch das Versagen zentralisierter Strukturen. Wir bauen uns digitale „Festungen“, genau wie manche Leute „Festungen“ an den Außengrenzen fordern. Beides funktioniert faktisch nicht. Eine technische Störung bei einem Anbieter reicht, und die Kommunikation bricht zusammen. Das ist handwerklich einfach schlechte Architektur. Wer seine Infrastruktur nicht selbst betreibt oder zumindest redundant über verschiedene Backbones verteilt, hat die Kontrolle über sein Produkt verloren. Punkt.

Cloudflare sagt, die Systeme würden „weiter auf Unregelmäßigkeiten überwacht“. Übersetzung: Wir starren auf Grafana-Dashboards und hoffen, dass es nicht wieder knallt.

Zusammenfassend: Das Internet war kurz kaputt, die rechten Hetz-Plattformen waren offline (was für ein angenehm ruhiger Nachmittag!), und am Ende lernen wir wieder nichts daraus und machen morgen genau so weiter.

Die einzige funktionierende Firewall ist Solidarität und dezentrale Infrastruktur. Alles andere ist Marketing-Geschwätz.

Update: Die Dienste laufen wieder normal. Der Hass kann also weiterfließen. Leider.

Kommentar: Der EU „Digital Omnibus“ – oder wie man Grundrechte unter dem Radar an Big Tech verramscht

Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass in Brüssel mal wieder die Weichen falsch gestellt werden – und zwar massiv. Während die Öffentlichkeit noch damit beschäftigt ist, sich über Kinkerlitzchen zu echauffieren, bereitet die EU-Kommission gerade den größten Rückschritt für digitale Grundrechte in der Geschichte der Union vor. Unter dem euphemistischen Label „Digital Omnibus“ wird uns hier eine „technische Straffung“ verkauft. Wer den Brüsseler Neusprech beherrscht, weiß sofort: „Straffung“ bedeutet Deregulierung, und „technische Anpassung“ heißt in der Regel, dass die Lobbyisten von Big Tech den Stift geführt haben.

Zusammen mit 126 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen haben wir heute einen offenen Brief unterzeichnet, um diesen Wahnsinn vielleicht noch zu stoppen.

Der Trick mit der „Vereinfachung“

Die Methode ist so alt wie durchschaubar: Man nehme ein Bündel an Gesetzesänderungen, klebe das Etikett „Bürokratieabbau“ darauf und schleuse es im Eilverfahren an der demokratischen Kontrolle vorbei. Das Ziel? Die DSGVO, die ePrivacy-Richtlinie und das KI-Gesetz sollen ausgehöhlt werden.

Es geht hier nicht um ein paar unbedeutende Paragrafen. Es geht um die Kernsubstanz dessen, was uns vor totalitärer Überwachung und algorithmischer Diskriminierung schützt. Die Kommission plant allen Ernstes, die Definition personenbezogener Daten so weit aufzuweichen, dass Unternehmen ihre Hausaufgaben künftig selbst benoten dürfen. Faktisch würde dies bedeuten: Wenn ein Konzern behauptet, Daten seien pseudonymisiert, dann sind sie das – selbst wenn jeder Informatiker im ersten Semester sie deanonymisieren könnte.


Warum Datenschutz Antifaschismus ist

Kommen wir zum unangenehmen Teil, den viele in der bürgerlichen Mitte gerne überhören: Eine Infrastruktur, die Überwachung ermöglicht, ist eine Waffe. Die Kommission will Regeln schwächen, die verhindern, dass Regierungen und Unternehmen ständig verfolgen, was Menschen auf ihren Geräten tun. Standortdaten, Besuche in Gesundheitseinrichtungen oder Gotteshäusern sollen leichter abgreifbar werden.

Lassen Sie uns das mal kurz juristisch und politisch durchdeklinieren: Wir erleben gerade einen Rechtsruck. Wenn wir Datenbanken und Überwachungsinstrumente schaffen, die „ethnische Herkunft“ oder „religiöse Überzeugungen“ aus Metadaten extrahieren können, dann liefern wir den Feinden der Demokratie das Besteck frei Haus. Datenschutz ist kein „Täterschutz“, wie Demagogen gerne behaupten. Datenschutz ist der Schutz potenzieller Opfer vor einem übergriffigen Staat.

Wer Integration ernst meint, darf keine digitalen Rasterfahndungsmethoden legalisieren, die Menschen ohne Papiere oder Minderheiten noch weiter stigmatisieren und kontrollieren. Wir brauchen keine effizienteren Abschiebe-Algorithmen, sondern eine humane Gesellschaft. Die Deregulierung, die hier angestrebt wird, spielt jedoch genau jenen in die Hände, die von einer „sauberen“ Gesellschaft träumen.

KI-Training auf Kosten der Grundrechte

Besonders perfide ist der Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Die wenigen Schutzmaßnahmen, die wir im KI-Gesetz mühsam erkämpft haben, sollen für das Training von KI-Modellen wieder kassiert werden. Man will Strafen für den Verkauf gefährlicher KI-Systeme aufschieben. Im Klartext: US-Konzerne sollen unsere sensibelsten Daten abgreifen dürfen, um damit ihre energiefressenden Modelle zu füttern – auf Kosten des Planeten und unserer Privatsphäre. Die Anbieter könnten sich dabei einseitig und heimlich von Verpflichtungen befreien.

Die Rolle der Bundesregierung

Man höre und staune: Es ist ausgerechnet die deutsche Bundesregierung, die hier als treibende Kraft für die Aushöhlung des Datenschutzes auftritt. Statt europäische Werte zu verteidigen, macht man sich zum Erfüllungsgehilfen einer Industrie, deren Geschäftsmodell auf der Ausbeutung menschlicher Verhaltensdaten basiert. Das ist nicht nur politisch kurzsichtig, das ist fahrlässig.

Fazit

Es ist noch nicht zu spät, diesen Unsinn zu stoppen. Aber dafür muss man verstehen, was auf dem Spiel steht. Es geht nicht um „Cookie-Banner“. Es geht darum, ob wir in einer Gesellschaft leben wollen, in der unsere Lebenschancen von undurchsichtigen KI-Systemen bestimmt werden und in der unsere Privatsphäre nur noch auf dem Papier existiert.

Die EU muss aufhören, Gesetze wie die DSGVO als „Bürokratie“ zu diffamieren. Sie sind der einzige Schutzwall, den wir gegen digitale Ausbeutung und Überwachung haben. Wer diesen Wall einreißt, öffnet die Tore nicht für „Innovation“, sondern für Willkür.

Bochum: Wenn der Staatsschutz das Kindeswohl per 9mm sichert – Ein Lehrstück über Verhältnismäßigkeit bei Gehörlosen

Es ist immer wieder erfrischend zu sehen, wie gut unsere Exekutive darin geschult ist, deeskalierend auf vulnerable Gruppen einzuwirken. Man möchte fast applaudieren, wenn es nicht so tragisch wäre.

Der Sachverhalt: In Bochum dachten sich die Beamten in der Nacht zu Montag offenbar, dass man das Kindeswohl am besten mit einer Dienstwaffe verteidigt. Es ging um eine Zwölfjährige. Gehörlos. Das Kind war aus einer Wohngruppe in Münster abgängig und hielt sich bei der Mutter auf (die das Sorgerecht verloren hatte). Die Polizei wollte das Kind eigentlich retten, weil es dringend medikamentös eingestellt werden muss.

Das Ergebnis dieser „Rettung“? Das Kind liegt mit einem Bauchschuss auf der Intensivstation. Stabil, aber kritisch.

Die Taktik der „Profis“: Die Beamten verschafften sich Zutritt zur Wohnung, nachdem die Mutter (ebenfalls gehörlos) fixiert vor der Tür im Flur lag. Drinnen: Die Zwölfjährige mit zwei Messern. Nun könnte man meinen, dass vier ausgebildete Polizeibeamte in Schutzausrüstung in der Lage wären, ein zwölfjähriges Mädchen ohne den Einsatz letaler Gewalt zu überwältigen. Oder man könnte annehmen, dass man bei einer bekannten Gehörlosigkeit vielleicht vorher überlegt, wie man kommuniziert, wenn „Halt, Polizei!“ akustisch ins Leere läuft. Ein Gebärdendolmetscher? War nicht dabei. Man wollte ja „schnell zum Arzt“. Die Ironie ist kaum zu überbieten.

Juristische Feinheiten (für die Laien unter uns): Schusswaffengebrauch gegen Kinder (Personen unter 14 Jahren) ist nach den Polizeigesetzen (hier PolG NRW) die absolute Ultima Ratio. Es ist quasi verboten, es sei denn, es besteht eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben. Die offizielle Lesart der Staatsanwaltschaft Bochum und Polizei Essen lautet nun: Das Mädchen stand „unmittelbar“ vor den Beamten.

Und jetzt kommt der Teil, der physikalisch und taktisch Fragen aufwirft: Es wurde gleichzeitig getasert und geschossen. Ein Beamter nutzte das Elektroimpulsgerät (Taser), der andere die Schusswaffe. Simultan. Das deutet für den geschulten Beobachter weniger auf eine kontrollierte Lagebewältigung hin, als vielmehr auf eine panische Überreaktion, bei der die Abstimmung im Team komplett versagt hat. Wenn man Zeit zum Tasern hat, warum muss dann zeitgleich das Projektil fliegen?

Das Framing: Die GdP (Gewerkschaft der Polizei) spricht von einem „extrem belastenden Ereignis für alle Beteiligten“ und warnt vor der Gefahr von Messern. Natürlich. Niemand bestreitet die Gefahr von Messern. Aber wir reden hier von Profis gegen ein Kind mit Handicap. Die Frage, ob die Bodycams liefen, ist übrigens noch „Gegenstand der Ermittlungen“. Wir dürfen gespannt sein, ob die Technik zufällig gerade defekt war, der Akku leer, oder ob man tatsächlich Transparenz wagt. In NRW müssen die Kameras nämlich aktiv eingeschaltet werden.

Fazit: Wir halten fest: Um ein Kind vor dem Fehlen lebenswichtiger Medikamente zu schützen, schießt man es ins Krankenhaus. Das ist die Logik eines Polizeiapparates, der offensichtlich massive Defizite im Umgang mit Menschen mit Behinderung hat. Wer hier nicht sofort strukturelle Probleme in der Ausbildung und Einsatzplanung erkennt, dem ist nicht mehr zu helfen. Es bleibt zu hoffen, dass die „transparente Aufarbeitung“, die die GdP fordert, nicht im üblichen Korpsgeist endet.

Gute Besserung an das Opfer.

BGH zum Wirecard-Debakel: Aktionäre gehen in der Insolvenz leer aus – Schadensersatzansprüche sind nachrangig

Teaser: Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche von Wirecard-Aktionären sind in der Insolvenz keine einfachen Forderungen. Sie treten hinter die übrigen Insolvenzgläubiger zurück. Angesichts der Zahlen ist eine Auszahlung an Aktionäre faktisch ausgeschlossen.

Einordnung
Wer Aktien kauft, übernimmt unternehmerisches Risiko. Das ist keine Geschmacksfrage, sondern die Grundarchitektur des Gesellschafts- und Insolvenzrechts. Der Bundesgerichtshof (Az. IX ZR 127/24) hat am 13. November 2025 klargestellt: Auch wenn Anleger beim Erwerb von Wirecard-Aktien getäuscht wurden, stehen ihre kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüche in der Insolvenz hinter den Ansprüchen der einfachen Insolvenzgläubiger. Übersetzt: Es wird für Aktionäre kein Geld aus der Insolvenzmasse geben, es sei denn, nach vollständiger Befriedigung aller vorrangigen Forderungen bliebe ein Überschuss – was angesichts der Zahlen reine Theorie ist.

Die harten Fakten

  • Insolvenzmasse: rund 650 Millionen Euro.
  • Angemeldete Forderungen insgesamt: rund 15,4 Milliarden Euro.
  • Davon rund 8,5 Milliarden Euro von etwa 50.000 Wirecard-Aktionären aus aktienrechtlich veranlassten Schadensersatzansprüchen.
  • Ergebnis: Aktionärsansprüche sind nicht Forderungen nach § 38 InsO. Sie sind nachrangig und nur im Fall eines Überschusses (§ 199 InsO) oder jedenfalls hinter den einfachen Gläubigern zu bedienen.

Was der BGH entschieden hat

  • Keine einfachen Insolvenzforderungen: Die geltend gemachten kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüche der Aktionäre sind mit der Gesellschafterstellung untrennbar verknüpft. Wer sich an einer AG beteiligt, steht den unternehmerischen Risiken näher als jeder Fremdgläubiger. Genau diese Risikozuordnung zieht die Rangordnung der Insolvenzordnung nach.
  • Verteilungskonflikt, nicht Haftungsfrage: In der Insolvenz geht es nicht mehr darum, ob die Gesellschaft zivilrechtlich haftet, sondern darum, wie die knappe Masse verteilt wird. In dieser Verteilung stehen Aktionäre hinter den einfachen Insolvenzgläubigern.
  • Rangklärung im Ergebnis: Der BGH musste nicht abschließend entscheiden, ob diese Ansprüche nur im Überschussverfahren (§ 199 InsO) oder analog als nachrangige Insolvenzforderungen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) zu berücksichtigen sind – entscheidend ist: Sie sind nicht gleichrangig mit § 38 InsO.
  • Prozessualer Rahmen: Das Berufungsurteil des OLG München, das Aktionärsansprüche als einfache Insolvenzforderungen zulassen wollte, wurde aufgehoben. Soweit es um eine Zwischenfeststellungswiderklage des Insolvenzverwalters ging, blieb die Revision ohne Erfolg – für deren weitergehende Feststellung bestand kein Rechtsschutzinteresse.

Warum das juristisch zwingend ist

  • Aktionär = Mitunternehmer: Gewinne ja, aber eben auch das volle Verlustrisiko. Diese Risikotragung lässt der Gesetzgeber in der Insolvenz konsequent vorgehen: Erst die Fremdgläubiger, dann – wenn überhaupt – die Gesellschafter.
  • Täuschung ändert den Rang nicht: Dass Anleger im Vertrauen auf falsche Ad-hoc-Mitteilungen oder manipulierte Zahlen kauften, mag Schadensersatzansprüche begründen. Aber es macht aus Gesellschaftern keine Fremdgläubiger. Zweck des Geschäfts war die Beteiligung an der Gesellschaft – und damit das Mittragen des unternehmerischen Risikos.
  • Systemschutz: Die Rangordnung ist kein Formalismus, sondern Stabilitätsanker. Würde man Aktionärs-Schadensersatzansprüche mit einfachen Insolvenzforderungen gleichstellen, würde die Finanzierung von Unternehmen insgesamt destabilisiert. Recht mag unromantisch sein – aber es muss verlässlich sein.

Was bedeutet das konkret für Privatanleger?

  • Realistische Aussicht: Praktisch keine Quote aus der Insolvenzmasse. Bei 650 Millionen Euro Masse und 15,4 Milliarden Euro Forderungen ist ein Überschuss ausgeschlossen.
  • Geltendmachung außerhalb der Masse: Wer Ansprüche prüfen will, muss auf andere Anspruchsgegner und Verfahren schauen (etwa Organhaftung, Prüfungsstellen etc.). Dieses BGH-Urteil regelt ausdrücklich nur die Verteilung der Insolvenzmasse. Es sagt nichts über die Erfolgsaussichten anderer Prozesse.
  • Diversifikation ist kein Buzzword: Ein DAX-Logo ist kein Garantieschein. Aufsicht, Prüfer, Rating, Indexaufnahme – all das reduziert Risiko, hebt es aber nicht auf.

Kurz erklärt: Nachrang in der Insolvenz

  • Einfache Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO): Klassische Fremdgläubiger mit fälligen Vermögensansprüchen zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung – z. B. Lieferanten, Dienstleister, Banken mit Kreditforderungen.
  • Nachrangige Position: Gesellschafternahe Ansprüche treten hinter diese Gläubiger zurück. Aktionärsansprüche aus dem aktienbezogenen Erwerb sind davon umfasst.
  • Überschussverteilung (§ 199 InsO): Erst wenn alle einfachen Insolvenzgläubiger vollständig bedient sind, kommt ein verbleibender Überschuss überhaupt zur Verteilung an Gesellschafter. Bei Wirecard ist das akademisch.

Einordnung jenseits der Schlagzeile

  • Ja, die Kontrollmechanismen haben versagt – mehrfach. Aber das ändert nichts an der insolvenzrechtlichen Verteilungslogik. Recht ist keine Reparaturwerkstatt für enttäuschte Renditehoffnungen, sondern eine Ordnung für Knappheit.
  • Populistische Sündenbocksuche bringt hier exakt gar nichts. Entscheidend sind Beweise, Tatbestände, Normen. Genau die hat der BGH sauber übereinandergelegt.

Rechtlicher Hinweis
Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar. Maßgeblich ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. November 2025 (Az. IX ZR 127/24) und die dort zugrunde gelegte Begründung. Stand: 13.11.2025.

Quelle zum Nachlesen
Bundesgerichtshof, Pressemitteilung Nr. 211/2025 vom 13.11.2025, Urteil IX ZR 127/24:
https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/2025211.html